Geschrieben von Dr. Sabine Schmidt
32. Deutsche Angustage vom 16. bis 18. Juni 2017 in Schleswig-Holstein
Ganz im Norden von Schleswig-Holstein trafen sich in diesem Jahr die deutschen Anguszüchter zu ihren jährlichen Angustagen. Trotz widriger Verkehrsverhältnisse und obwohl der traditionelle Termin wegen der Kieler Woche um eine Woche vorverlegt werden musste, konnten die beiden Hauptorganisatoren Traute und Kurt Clausen am 16. Juni weit über 100 Gäste auf ihrem Hof Christelhoi in Mittelangeln OT Satrup begrüßen.
Der 70-Hektar-Betrieb wird im Zuerwerb bewirtschaftet, seit ca. 10 Jahren wird kontinuierlich die Anguszucht aufgebaut. Zunächst wurden 25 rote Angusherdbuchkühe aus deutschen Zuchtgebieten erworben und durch Embryonenzukauf aus Kanada ergänzt. Dabei kam den Züchtern zugute, dass der – zu den Angustagen sogar anwesende – Bruder von Kurt in Kanada ebenfalls eine Farm bewirtschaftet und Angusrinder züchtet.
Auch von einem herben Rückschlag im Juni 2013 – durch Blitzschlag wurden 10 der besten Kühe getötet – ließ man sich nicht entmutigen. Über Besamung und Embryotransfer wird internationale Genetik aus Australien und Nordamerika eingesetzt. So verwundert es nicht, dass die vorgestellten Herden bereits überwiegend AA-Status haben. Das Zuchtziel sind gutmütige, problemlos funktionierende Tiere, die bei guter Grundfutteraufnahme hohe Wachstumsleistungen erbringen. Eine ganze Reihe von Zuchttieren hat bereits den Weg in andere Herdbuchzuchten gefunden.
Auch ein Regenschauer konnte die Stimmung nicht trüben, da alle im liebevoll hergerichteten Stall Platz fanden und bestens beköstigt wurden. Nach ausgiebigen Fachgesprächen ging es dann weiter nach Schleswig, wo wir unser Hotel Waldschlösschen bezogen.
Am frühen Abend wurden die Teilnehmer mit Bussen zum Hafen nach Kappeln gebracht, wo bereits der Raddampfer Schleiprincess auf uns wartete. Bei einer interessanten Rundfahrt auf der Schlei konnten wir unsere Mitgliederversammlung durchführen und das Abendessen einnehmen. Die Vertreter der beiden in Schleswig-Holstein tätigen Zuchtorganisationen bekamen Gelegenheit, ihre Unternehmen vorzustellen.
Der Samstag begann mit einer Besichtigung von Schloss Gottorf. Das imposante Schloss beherbergt zwei Landesmuseen, zum einen die Sammlung der Kunst und Kulturgeschichte vom hohen Mittelalter bis zur Gegenwart und zum anderen die Archäologie, das Archiv für 120.000 Jahre Landesgeschichte und aktuelle Forschung. Für die Besucher besonders spektakulär waren die hier ausgestellten 2.000 Jahre alten Moorleichen. Unsere Zeit erlaubte leider nur einen kurzen Einblick, denn wir wollten noch am Vormittag das Landesgut Moltsfelde, eine Resozialisierungseinrichtung der Justizvollzugsanstalt Neumünster, erreichen.
Das ca. 110 ha große Gut wird ökologisch bewirtschaftet und ist ein zertifizierter Biolandbetrieb mit Schwerpunkt Mutterkuhhaltung. Es werden rund 50 Angusmutterkühe und zwei Herdenbullen gehalten. Die nicht zur Zucht benötigten bzw. verkauften Nachzuchten werden im Betrieb ausgemästet und über die Biovermarktung verkauft. Die vorgestellten Herden vermittelten einen sehr ausgeglichenen und ruhigen Eindruck, was sicherlich zum einen auf den Natursprung und zum anderen auf die sehr intensive Betreuung zurückzuführen ist. Es werden bis zu 22 Inhaftierte des offenen Vollzuges auf dem Betrieb zur Herdenbetreuung und in der Holzwirtschaft eingesetzt.
Nach der Besichtigung der Herden, der Ställe und der Unterkunft der Gefangenen wurden wir in der Maschinenhalle sehr gut beköstigt und mit weiteren Informationen über diesen wirklich außergewöhnlichen Anguszuchtbetrieb versorgt.
Am Nachmittag erreichten wir den Hof Kamerun der Familie Göttsche. Obwohl gesundheitlich stark angeschlagen – inzwischen aber sichtbar auf dem Weg der Genesung – ließ es sich das Familienoberhaupt Willi nicht nehmen, uns vor seinem Rinderstall zu begrüßen. Seine sehr engagierte und fachkundige Tochter übernahm die Vorstellung des Betriebes und der Rinder.
Hier sahen wir wieder einen sehr ausgeglichenen Bestand von 25 Mutterkühen mit Kälbern, der sich auch von einer so großen Anzahl fremder Menschen nicht aus der Ruhe bringen ließ. Ein Blick in die Bestandsliste machte deutlich, dass in diesem Betrieb nicht nur optisch sehr ansprechende Tiere zu sehen waren, sondern dass auch die Zuchtwerte weit über dem Durchschnitt liegen. Viele der anwesenden Züchter fanden ihren Namen in der Liste der eingesetzten Zuchtbullen wieder.
Die sehr gelungene Präsentation wurde mit Kaffee und Kuchen und natürlich dem unverzichtbaren Gruppenbild abgeschlossen, so dass wir mit hochinteressanten Eindrücken dieses Tages wieder in das Hotel zurückkehrten.
Den folgenden Züchterabend bereicherte die Hotelmannschaft mit einem außerordentlichen Galadinner, für das extra Angusfleisch aus dem Betrieb Clausen zubereitet wurde. Ein rundum gelungener Abend, der mit Witz und schauspielerischem Geschick durch die Akteure der „Speeldeel“ abgerundet wurde.
Die letzte Station am Sonntagvormittag war das Gestüt Gräven der Familie Schröder in Henstedt-Ulzburg nahe Hamburg. Die Anfahrt sollte zur ersten Herde direkt an der Autobahnabfahrt erfolgen, was allerdings nicht wie geplant möglich war, da in der Nacht zuvor ein Brückenabriss die Vollsperrung dieses Autobahnabschnittes erforderte. Trotzdem kamen wir – zum Teil mit etwas Verspätung – nach und nach bei der Herde bzw. auf dem Hof an.
Der Betrieb bewirtschaftet 137 ha, davon 92,5 ha Grünland und davon 54 ha Naturschutzflächen. Es werden 51 Mutterkühe gehalten. Auf den Naturschutzflächen konnten wir eine Herde mit Kuhkälbern bei Fuß besichtigen. Es zeigte sich wieder einmal, dass die Rasse Angus auch auf Flächen mit erheblichen Bewirtschaftungsauflagen gute Ergebnisse erzielen kann.
Auf dem sehr weitläufigen Areal waren alle notwendigen Einrichtungen vorhanden, um alle übers Jahr anfallenden Behandlungsmaßnahmen direkt vor Ort erledigen zu können, da der Hof doch in einiger Entfernung liegt.
Dort angekommen konnten wir noch einige Färsen begutachten und kamen dann zum abschließenden Mittagessen in der großen Maschinenhalle zusammen. Bei bestem Wetter konnten wir die Gastfreundschaft der Familie Schröder genießen und ließen die Angustage in aller Ruhe ausklingen.
Wir hoffen auf ein Wiedersehen 2018 in Rheinland-Pfalz und bedanken uns herzlich bei allen Kollegen aus Schleswig-Holstein, die diese gelungenen Angustage organisiert und durchgeführt haben.
(Dietz Kagelmann)